Der Einzelhandel durchlebt gerade eine schwierige Zeit. Viele Geschäfte leiden unter den notwendigen Corona-Maßnahmen. Was können wir tun, um sie zu unterstützen?
Lea Heidbreder: Insbesondere die Gastronomie- und Veranstaltungsbranche, aber auch der Einzelhandel stehen unter Druck. Mit Corona hat sich der Wandel in den Innenstädten deutlich zugespitzt.
Lea Saßnowski: Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass das auch vor Corona schon der Fall war. Gerade der Online-Handel und die großen Outletzentren auf der grünen Wiese sind eine Konkurrenz für die Innenstädte. Viele wollen ihre Einkäufe schnell und bequem. Mit möglichst viel Auswahl und wenig Aufwand.
H: Das stimmt. Dabei bieten Innenstädte so viel mehr. Wir müssen sie zu Orten machen, an denen wir uns gerne aufhalten, an denen sich unser Leben abspielt, wir Freund*innen treffen und die zum Schlendern und Verweilen einladen. Einen Kaffee an der Queich trinken, danach im Buchladen schmökern, einen warmen Winterpullover kaufen und abends mit dem Partner ins Kino oder zum Konzert.
S: Das hört sich toll an. Aber dafür müssen wir unsere Gastronom*innen und Einzelhändler*innen erst mal durch die Krise kriegen. Jeder und jede muss die bewusste Entscheidungen für einen lokalen Einkauf treffen. Und zukünftig brauchen wir neue Konzepte – Ideen wie Pop-Up-Stores, die nur für eine kurze Zeit ein bestimmtes Angebot haben und dann auch wieder wechseln können. Vielleicht auch in Kombination mit einer lokalen Online-Plattform. In anderen Städten wurde beispielsweise ein Gutscheinsystem ausprobiert, wo die Leute abends Gutscheine im Wert von 2€ bis 50€ erspielen konnten. Wenn sie gewonnen haben, hatten sie 72 Stunden Zeit den Gutschein einzulösen. Das hat das Geschäft vor Ort wieder sehr belebt.
H: Auch in Landau wurde zum Motto „Miteinander in Landau“ ja schon eine Internetpräsenz der lokalen Geschäfte aufgebaut. Das kann man noch viel weiterdenken. In Arzheim der Tante-Emma-Laden macht es zum Beispiel mit seinem Lieferdienst vor. Wenn wir dann am Ende noch ein Lastenradsystem für die Lieferung einführen, haben wir auch noch etwas für die Umwelt gewonnen.
Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf die Innenstädte. Was ist die GRÜNE Antwort darauf?
S: Klimaschutz und Klimaanpassung sind zentrale Punkte, die wir bei der (Um-)Gestaltung unserer Innenstadt immer mitdenken müssen. Egal ob bei Hitze oder Starkregen, es muss Orte geben, an denen wir uns entspannt und sicher aufhalten können.
H: Mit „Miniparks“ würden solche Orte geschaffen. In einem Radius von 200 Metern sollen überall in der Stadt beschattete Sitzgelegenheiten zu finden sein. Und für schlechtes Wetter brauchen wir die Überdachung von Bushaltestellen, am Besten mit Begrünung. Mit unserem 500-Bäume-Programm oder der Wanderbaumallee in der Königstraße haben wir nicht nur mehr Grün in die Innenstadt gebracht, sondern verbessern auch die Luft.
S: Letztendlich geht es darum, dass man sich vor Ort wohlfühlt und verweilen mag. Weniger Autos und mehr Platz für Tische und Stühle, für Kinder und Fahrräder, das gehört für mich auch dazu. Für die Gastronomie haben wir dieses Jahr im Stadtrat die kostenlose Bereitstellung der Außenflächen ermöglicht , als Überbrückungshilfe während der Corona-Zeit.
H: Plötzlich waren viel mehr Plätze in Landau belebt, das sollten wir auf jeden Fall beibehalten. Aber manchmal frage ich mich schon, ob wir auch weniger konsumieren können, ohne dass gleich ein ganzes System zusammenbricht. Wenn bei Kleidungsstücken beispielsweise von „verderblicher Ware“ gesprochen wird, läuft doch eindeutig etwas schief.
S: Wir brauchen die Offenheit für Veränderung. Gerade nachhaltig wirtschaftende Unternehmen kommen etwas besser durch die Krise.
Das sind viele spannende Ideen, aber immer wieder gibt es Bürgerinnen und Bürger, genauso wie Geschäftsleute, die sich nicht mitgenommen fühlen. Was kann hier verbessert werden?
H: Mit Sicherheit gibt es noch viel mehr Ideen. Deshalb haben wir als Klimakoalition zur Zukunft der Innenstädte auch eine Expert*innen-Anhörung im Stadtrat beantragt. Vom Thema Wirtschaftsförderung, über Klimaschutz, neue Mobilitätskonzepte oder Begegnungsmöglichkeiten wollen wir gerne wissen, wie sich die Entwicklung der Innenstadt positiv begleiten lässt. Klar ist, dass wir Veränderungen brauchen. Die Verkehrswende, die Energiewende, auch in Landau, das ist für uns nicht verhandelbar. Wir versuchen unsere Politik und ihre Hintergründe möglichst gut und transparent zu erklären und mit den Menschen darüber ins Gespräch zu kommen.
S: Besonders intensiv und emotional wurde in der Vergangenheit ja über Parkplätze gestritten. Dabei hat Landau mit über 3600 öffentlichen Parkplätzen in der Innenstadt so viele wie seit Jahren nicht. Stehende wie fahrende Autos machen eine Straße nicht attraktiver, im Gegenteil, sie machen sie auch gefährlicher. Wir wollen deswegen Autoverkehr und geparkte Autos auf großen Straßen und Parkplätzen konzentrieren. So verringert sich die Zeit der Parkplatzsuche für die Autofahrenden und der Verkehr in der Innenstadt. Wir bekommen mehr Platz für Auslagen und Gastronomie. Es gibt viele Studien und Städte, die zeigen, dass der Einzelhandel von weniger Autos und mehr Fahrradfahrenden und Fußgänger*innen profitiert. Einige scheinen sich aber erst daran gewöhnen zu müssen.
H: Uns interessiert die Meinung der Bürgerinnen und Bürger. Einen geplanten Infostand mit interaktivem Stadtplan mussten wir Corona-bedingt leider absagen, aber jetzt gibt es über dieses Stadtblatt die Möglichkeit, uns Ideen zur Zukunft der Innenstadt per Post oder Mail zukommen zu lassen.
S: Ja, wir bleiben am Thema dran und freuen uns über Ihre Impulse.
Mehr zu lesen gibt’s im GRÜNEN Stadtblatt.